Anschreiben an den CDU-Vorsitzenden Merz zu Wahlversprechen

Datum der Veröffentlichung: 6. März 2025

Anschreiben an den Fraktionsvorsitzenden der CDU/CSU-Bundestagsfraktion


Sehr geehrter Herr Vorsitzender Merz,


es gibt einen grundlegenden Vertrag zwischen Politik und Gesellschaft: Die Bürgerinnen und Bürger schenken Parteien und Politikern ihr Vertrauen – im Gegenzug erwarten sie Verlässlichkeit, Ehrlichkeit und eine Führung, die an dem orientiert bleibt, was sie vor einer Wahl zugesagt hat.


Doch was wir derzeit erleben, ist das exakte Gegenteil. Wenige Tage nach der Wahl wird genau das aufgekündigt, was zuvor als unverrückbare Gewissheit verkauft wurde. Ihre Partei hat im Wahlkampf klargestellt: Keine Reform der Schuldenbremse. Keine neuen Sondervermögen. Keine Tricks mit der Staatsverschuldung. Das waren keine nuancierten Formulierungen, keine leeren Floskeln – es waren knallharte Versprechen, die Vertrauengeschaffen haben.


Nun, kaum dass die Wahl vorbei ist, wird dieser Kurs über Bord geworfen. Plötzlich soll die Schuldenbremse reformiert werden – und das noch im alten Bundestag, bevor der neue überhaupt zusammentreten kann. Plötzlich sind neue Schulden und Sondervermögen wieder auf dem Tisch. Plötzlich wird all das, was eben noch als alternativlos galt, mit einem Federstrich rückgängig gemacht.


Wir, die Bundesverbraucherhilfe, sind die erste Verbraucherorganisation, die sich nicht mehr damit begnügt, am Seitenrand zu stehen und zuzusehen, wie die Glaubwürdigkeit der Politik weiter ausgehöhlt wird. Denn die
Verbraucher in Deutschland sind nicht nur Käufer von Produkten oder Dienstleistungen – sie sind auch die Konsumenten des Wahlkampfes. Sie wurden mit politischen Versprechen umworben, ihnen wurde ein Produkt
verkauft: Ein politischer Kurs, eine klare Haltung, eine Absicherung gegen eine Politik der Schuldenexzesse. Und jetzt? Jetzt stehen sie als getäuschte Käufer da, weil die versprochene Ware nicht geliefert wird.


Was in der Wirtschaft als arglistige Täuschung gilt, kann in der Politik doch nicht einfach als „pragmatische Neuorientierung“ abgetan werden. So kann Politik nicht weitergehen. So darf Politik nicht weitergehen.


Die Bürger haben ein Anrecht darauf, dass Wahlkampf nicht zur bloßen Marketingkampagne verkommt – mit Versprechen, die nur so lange gültig sind, bis das Wahlergebnis feststeht. Wer in der Wirtschaft so handeln
würde, wer ein Produkt anpreist, das dann gar nicht existiert, würde mit Reklamationen, Klagen und Reputationsverlust konfrontiert werden. In der Politik darf sich ein solches Verhalten nicht als Normalität etablieren.


Sehr geehrter Herr Merz, Sie haben stets betont, dass Sie für eine neue Ehrlichkeit in der Politik stehen. Dass Sie gegen Tricksereien sind. Dass Sie für eine CDU stehen, die sich nicht in Opportunismus verliert.


Jetzt ist der Moment, in dem sich zeigt, ob diese Worte Substanz haben – oder ob sie nur eine weitere Werbebotschaft waren. Der erste und unverzichtbare Schritt zur Wiederherstellung des Vertrauens
ist Aufrichtigkeit. Deshalb:


  • Bekennen Sie offen, dass dieser abrupte Kurswechsel im Widerspruch zu Ihren eigenen Wahlversprechen steht.
  • Erläutern Sie den Bürgerinnen und Bürgern, aus welchen Gründen Sie nun jene Positionen aufgeben, die Sie noch vor wenigen Tagen als unumstößlich dargestellt haben.
  • Ermöglichen Sie eine offene, gesellschaftliche Debatte über diese tiefgreifende Kehrtwende – anstatt sie im alten Bundestag durch taktische Manöver und parlamentarische Winkelzüge vollendete Tatsachen schaffen zu lassen.


Es geht hier nicht um eine parteipolitische Auseinandersetzung. Es geht um das Fundament unserer Demokratie: Glaubwürdigkeit. Verlässlichkeit. Respekt vor dem Wähler.


Wenn diese Werte immer weiter erodieren, dann zerstört das langfristig die Bereitschaft der Menschen, sich überhaupt noch für politische Prozesse zu interessieren. Dann bestärken wir genau jene, die ohnehin behaupten, dass „die da oben“ nach der Wahl ohnehin tun, was sie wollen.


Das darf nicht der Stil einer CDU sein, die sich als Partei der Verantwortung, der Stabilität und der Verlässlichkeit versteht.


Herr Merz, Sie haben es in der Hand: Lassen Sie nicht zu, dass das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger zum Verschleißartikel wird. Ziehen Sie die Grundgesetzänderung nicht im alten Bundestag durch. Erklären Sie den
Menschen offen und transparent, warum Sie diesen drastischen Kurswechsel wirklich vollziehen – oder kehren Sie zu Ihrer eigenen Haltung zurück.


Letztendlich gilt: Wer das Vertrauen verspielt, verliert am Ende alles.

MEDIUM HERUNTERLADEN

Aktuelle Themen

11. April 2025
CDU, CSU und SPD haben sich auf einen ambitionierten Kurs verständigt: Der Koalitionsvertrag 2025 setzt klare Prioritäten – wirtschaftliche Erneuerung, technologieoffener Klimaschutz, eine modernisierte Bundeswehr, ein digitaler Staat und gezielte Entlastungen für Familien, Arbeitnehmende und Rentner. Neben einer neuen Gründerfreundlichkeit und einem massiven Ausbau der Energie- und Wasserstoffinfrastruktur verspricht das Bündnis auch Fortschritte bei der Wohnraumschaffung, der Rentensicherheit, dem Bürokratieabbau und der frühkindlichen Bildung. Der Sozialstaat wird reformiert, Asylverfahren beschleunigt, und die Verwaltungsmodernisierung auf allen Ebenen angepackt. Zugleich bleibt die Handschrift einer stabilitätsorientierten Haushaltspolitik mit Schuldenbremse erkennbar. Verbraucher können sich auf verbesserte Verbraucherrechte im digitalen Raum, fairere Steuersätze und mehr Transparenz bei Lebensmitteln und Dienstleistungen einstellen. Die größten Investitionen werden in Verteidigung, Klima, Infrastruktur und Bildung fließen – vergleichsweise gering bleibt der Aufwand bei Justiz, Kultur und Ehrenamt. Wer alle Inhalte im Detail, aber in leicht verständlicher Sprache nachlesen möchte, findet unsere vollständige Zusammenfassung zum Download hier:
7. April 2025
In Deutschland sind zahlreiche Studiengänge, insbesondere im Bereich der Medizin, durch einen Numerus Clausus (NC) zulassungsbeschränkt. Dies führt dazu, dass viele Bewerber trotz Hochschulreife keinen Studienplatz erhalten. Einige von ihnen entscheiden sich daher, ihren Studienplatz auf dem Rechtsweg einzuklagen. Solche Studienplatzklagen haben in der Vergangenheit sowohl Erfolge als auch Misserfolge verzeichnet. Grundlagen der Studienplatzklage Eine Studienplatzklage basiert auf der Annahme, dass Hochschulen ihre Ausbildungskapazitäten nicht vollständig ausschöpfen und somit zusätzliche Studienplätze verfügbar sind. Durch eine sogenannte Kapazitätsklage wird geprüft, ob die Universität tatsächlich alle verfügbaren Plätze vergeben hat. Ist dies nicht der Fall, kann das Verwaltungsgericht die Hochschule verpflichten, weitere Bewerber zuzulassen. Aktuelle Fallbeispiele erfolgreicher Studienplatzklagen In den letzten Jahren gab es mehrere bemerkenswerte Fälle, in denen Studienplatzklagen erfolgreich waren: Medizinische Hochschule Hannover (MHH) : Im Jahr 2020 wurde ein Student im sechsten Fachsemester Humanmedizin an der MHH durch eine erfolgreiche Studienplatzklage zugelassen. Das Verwaltungsgericht Hannover stellte fest, dass die Universität ihre Aufnahmekapazität falsch berechnet hatte, wodurch zusätzliche Studienplätze verfügbar wurden. Quelle Universität Jena : Zum Wintersemester 2020/2021 einigte sich die Universität Jena in einem gerichtlichen Vergleich darauf, acht weitere Studienbewerber im ersten Fachsemester Medizin aufzunehmen. Dies geschah, nachdem festgestellt wurde, dass die Universität ihre Kapazitäten nicht vollständig ausgeschöpft hatte. Quelle Universität des Saarlandes : Ebenfalls im Wintersemester 2020/2021 verpflichtete sich die Universität des Saarlandes, vier zuvor abgelehnte Studienbewerber im fünften Fachsemester Medizin (klinischer Abschnitt) aufzunehmen. Diese Einigung resultierte aus einer erfolgreichen Studienplatzklage. Quelle Bedeutung der Kapazitätsberechnung Diese Fälle unterstreichen die Bedeutung einer korrekten Kapazitätsberechnung durch die Hochschulen. Fehlerhafte Berechnungen können dazu führen, dass Studienplätze ungenutzt bleiben, obwohl eine hohe Nachfrage besteht. Studienplatzklagen dienen in solchen Fällen dazu, die tatsächlichen Kapazitäten offenzulegen und sicherzustellen, dass alle verfügbaren Studienplätze vergeben werden. Unser Fazit Die Studienplatzklage bleibt ein wichtiges Instrument für Bewerber, die trotz formaler Qualifikation keinen Studienplatz erhalten haben. Erfolgreiche Klagen zeigen, dass Hochschulen ihre Kapazitäten nicht immer vollständig ausschöpfen und dass der Rechtsweg eine Möglichkeit bietet, dennoch einen Studienplatz zu erlangen. Bewerber sollten jedoch beachten, dass solche Verfahren komplex sind und eine sorgfältige rechtliche Beratung erfordern.
7. April 2025
In den letzten Jahren haben mehrere Gerichtsentscheidungen die Rechte von Verkehrsteilnehmern im Zusammenhang mit Geschwindigkeitsmessungen gestärkt. Zentral dabei ist die Frage, ob und inwieweit Betroffene Zugang zu den vollständigen Messdaten erhalten müssen, um die Genauigkeit der erhobenen Geschwindigkeitswerte überprüfen zu können.​ Hintergrund: Standardisierte Messverfahren und ihre Beweisführung Bei Geschwindigkeitskontrollen kommen häufig sogenannte standardisierte Messverfahren zum Einsatz. Diese zeichnen sich durch normierte Abläufe und zugelassene Messgeräte aus, bei denen unter gleichen Bedingungen gleiche Ergebnisse erwartet werden. Gerichte gehen in solchen Fällen oft von der Richtigkeit der Messergebnisse aus, sofern keine konkreten Anhaltspunkte für Messfehler vorliegen. Für Betroffene bedeutet dies, dass sie im Falle eines Einspruchs gegen einen Bußgeldbescheid darlegen müssen, warum die Messung fehlerhaft sein könnte. Hierfür ist der Zugang zu den vollständigen Messdaten essenziell. Recht auf Einsicht in Messdaten Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat in einem Beschluss vom 12. November 2020 betont, dass Betroffene in Ordnungswidrigkeitenverfahren grundsätzlich ein Recht auf Zugang zu den bei der Bußgeldbehörde vorhandenen, aber nicht zur Akte genommenen Informationen haben. Dies umfasst insbesondere die Rohmessdaten der Geschwindigkeitsmessung. Das Gericht führte aus, dass das Recht auf ein faires Verfahren es erfordert, dem Betroffenen die Möglichkeit zu geben, die gegen ihn erhobenen Vorwürfe umfassend zu überprüfen. Ohne Zugang zu den vollständigen Messdaten sei eine effektive Verteidigung kaum möglich. Weitere gerichtliche Entscheidungen Auch andere Gerichte haben sich mit der Thematik befasst:​ Verfassungsgerichtshof Baden-Württemberg : In einem Urteil vom Januar 2023 entschied der Verfassungsgerichtshof Baden-Württemberg, dass Betroffenen Zugang zu den Wartungs- und Reparaturunterlagen des verwendeten Messgeräts gewährt werden muss. Die Verweigerung dieser Einsicht stelle einen Verstoß gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens dar. ​ Amtsgericht Koblenz : Das Amtsgericht Koblenz entschied, dass Betroffene das Recht haben, bestimmte Messdaten und -unterlagen einzusehen, um eine ordnungsgemäße Verteidigung sicherzustellen. Dies basiert auf dem Grundsatz des fairen Verfahrens, der sowohl im Strafprozessrecht als auch im Bußgeldrecht gilt. Bedeutung für Betroffene Diese Entscheidungen unterstreichen die Bedeutung der Transparenz bei Geschwindigkeitsmessungen. Für Betroffene bedeutet dies, dass sie im Falle eines Bußgeldverfahrens das Recht haben, die vollständigen Messdaten einzusehen, um die Messung auf mögliche Fehler überprüfen zu können. Dies stärkt die Verteidigungsrechte und trägt zu einem fairen Verfahren bei.​ Unser Fazit Die aktuelle Rechtsprechung betont die Notwendigkeit der Transparenz und des Zugangs zu vollständigen Messdaten bei Geschwindigkeitskontrollen. Betroffene sollten sich dieser Rechte bewusst sein und im Falle von Zweifeln an der Messgenauigkeit entsprechende Einsicht in die Messunterlagen verlangen.