Stellungnahme zur Änderung von Regelungen des Rechts der Wohnraummiete

Datum der Veröffentlichung: 15. Dezember 2024

Anschreiben an das Bundesministerium der Justiz


die Bundesverbraucherhilfe e.V. nimmt mit größter Verwunderung und erheblichem Unverständnis die im Rahmen dieses Referentenentwurfs gesetzte Frist zur Kenntnis. Die gesetzgeberische Praxis, innerhalb eines derart kurzen Zeitraums eine Stellungnahme zu einem derart komplexen Regelungsvorhaben einzufordern, stellt nicht nur eine Herausforderung für die betroffenen Verbände dar, sondern wirft auch grundlegende Fragen zur Qualität und Legitimität des Gesetzgebungsverfahrens auf.


 

1.     Zeitliche Rahmenbedingungen und deren Auswirkungen auf die Qualität der Beteiligung


Die von Ihnen am 13. Dezember 2024 gesetzte Frist zur Abgabe einer Stellungnahme – bis zum 16. Dezember 2024 – beläuft sich auf lediglich einen Werktag. Diese zeitliche Begrenzung steht in keinerlei Verhältnis zur Komplexität des Regelungsvorhabens, das tiefgreifende Änderungen im Wohnraummietrecht vorsieht. Die Bearbeitung und Bewertung eines derart umfassenden Entwurfs erfordert Zeit, um die Vielzahl der enthaltenen Regelungen nicht nur in ihrer isolierten, sondern vor allem in ihrer systemischen Wirkung auf das Mietrecht und den Wohnungsmarkt im Allgemeinen zu analysieren.

Eine solche Analyse, die fundiert, empirisch gestützt und juristisch abgesichert sein muss, ist innerhalb der vorgegebenen Frist schlichtweg unmöglich. In der Konsequenz führt dies dazu, dass die Verbände nicht in der Lage sind, ihre Funktion als wesentliche Akteure der politischen Willensbildung angemessen wahrzunehmen.

 


2.     Demokratische Legitimation und Partizipation


Die gesetzgeberische Einbindung von Fachkreisen und Verbänden dient nicht allein der Erfüllung formaler Anforderungen, sondern hat das Ziel, die Qualität der Gesetzgebung durch breites Expertenwissen und differenzierte Perspektiven zu erhöhen. Eine derart verkürzte Fristsetzung konterkariert jedoch diesen Anspruch. Sie erschwert die Partizipation der Verbände und lässt den Eindruck entstehen, dass die Einbindung der Fachöffentlichkeit weniger der inhaltlichen Verbesserung des Entwurfs als vielmehr einer reinen Legitimationsbeschaffung dient.

 

Dieses Vorgehen steht im Widerspruch zu den Prinzipien guter Gesetzgebung, wie sie etwa in der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien (GGO) formuliert sind. Dort wird klar betont, dass Anhörungsverfahren der Information und Einbeziehung von Interessenvertretern dienen sollen, um ausgewogene, fachlich fundierte und umsetzbare Regelungen zu entwickeln. Eine Fristsetzung, die dies unmöglich macht, untergräbt diese Prinzipien und wirft Zweifel an der demokratischen Qualität des Verfahrens auf.

 


3.     Fachliche Tiefgründigkeit und Zeitbedarf

 

Die im Referentenentwurf enthaltenen Änderungen – darunter die Verlängerung des Betrachtungszeitraums für die ortsübliche Vergleichsmiete, die Absenkung der Kappungsgrenze für Mieterhöhungen und die Einführung einer Pflicht zur Erstellung qualifizierter Mietspiegel – stellen eine komplexe Materie dar, deren Folgen für Mieter, Vermieter und die öffentliche Hand einer detaillierten Analyse bedürfen.

 

Eine solche Analyse erfordert den Rückgriff auf empirische Daten, juristische Fachmeinungen sowie den Abgleich mit internationalen Regelungen und Erfahrungen. Die notwendigen Abstimmungen innerhalb der Verbände sowie mit externen Experten können innerhalb der gesetzten Frist nicht geleistet werden, ohne die inhaltliche Qualität erheblich zu beeinträchtigen.

 


4.     Mögliche Intention hinter der Fristsetzung

 

Die gesetzte Frist lässt den Verdacht aufkommen, dass die Bundesregierung weniger an einer substantiellen Auseinandersetzung mit dem Entwurf als an einer schnellen Umsetzung desselben interessiert ist. Eine derart kurze Frist suggeriert, dass die Einwände der Verbände als potenzielle Verzögerung wahrgenommen werden und dass der politische Wille zur Umsetzung des Vorhabens über die Notwendigkeit eines ausgewogenen Gesetzgebungsverfahrens gestellt wird.

 

Dieses Vorgehen untergräbt nicht nur das Vertrauen in die Ernsthaftigkeit der Beteiligungsverfahren, sondern gefährdet auch die Akzeptanz der Regelungen in der breiteren Öffentlichkeit.

 


5.     Forderung nach einer Neubewertung der Fristsetzungspraxis

 

Wir fordern mit Nachdruck, dass die Bundesregierung ihre Fristsetzungspraxis in Verbändeanhörungen überprüft und sicherstellt, dass für komplexe Gesetzgebungsvorhaben angemessene Zeiträume zur Verfügung gestellt werden. Die Qualität der Gesetzgebung sollte nicht dem politischen Tempo geopfert werden.

 


6.     Abschließende Bemerkung

 

Im Übrigen lehnen wir den Referentenentwurf ab. Gerne führen wir die Gründe dafür in einer Anhörung im Deutschen Bundestag aus.

 

Wir bitten um vollständige Veröffentlichung und Einbindung dieser Stellungnahme.

 

Unsere Mitglieder haben wir darüber in Kenntnis gesetzt, dass sie wegen der kurzen Fristsetzung im Rahmen der demokratischen Mitgliederbefragung nicht beteiligt werden konnten.

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